Label: Fast Land/Sevenahalf
LC: 19077
Vertrieb: Broken Silence
VÖ D : 28.01.2011
Single: Make Me Fall (Track1)
Platz ist sprichwörtlich in der kleinsten Hütte. Mehr Platz allerdings ist natürlich anderswo. Und so viel Raum wie in den Songs von Helgi Jonsson gibt es kaum irgendwo sonst zu entdecken. Was nicht heißt, der Isländer lege seine Sound-Landschaften wie brache Felder an, auf denen ab und zu eine schüchterne Blume sich dem Himmel entgegen reckt. Dann und wann verdichtet sich das ansonsten sparsam gestreute Instrumentarium schon zum kleinen Gewitter oder auch zum großen Panorama.
Solche flächigen Scapes hinzubekommen, sagt Helgi Jonsson, gehöre zu den fragilsten Arbeiten seiner Profession überhaupt. „Dabei muss ich mich unheimlich beherrschen und vor allem konzentrieren. Ich halte da eine reduzierte Frühform meiner Songs in Händen, zu der ich dann arrangieren muss, ohne der Grundidee etwas in den Weg zu stellen.“ Das nämlich wäre der Weg, den der Pop normalerweise nimmt, „da denkt ja keiner mehr linear, man dient sich eher der Maschinerie an. Ich aber will Kontrapunkte setzen, will ein Geflecht feiner Beziehungen zwischen Song, Sound und Text spinnen.“ Was sich so furchtbar theoretisch anhört, hört sich in Wahrheit herrlich an, sobald man Jonssons neues Mini-Albums „Blindfolded“ in den Player bugsiert hat.
Dort irrlichtert seine exaltierte Stimme in zartem Vibrato durch manchmal fast klassisch, dann wieder sehr erdverbunden anmutende Lieder, flüstert hier und wächst dort zum dominanten Instrument. Weil Jonsson früher Posaunist im Klassik-Metier gewesen ist, klingt heute sein Gesang noch immer wie ein Instrument, „ich versuche, Melodien und Sounds gleichzeitig damit zu malen und schaffe mir so leider auch mein größtes Problem: Die Texte haben sich meinen Klangvorstellungen anzupassen.“ Und das mögen die Texte leider gar nicht gern. „Weil meine Songs“, sagt Helgi Jonsson, „auch nach den Arrangements immer noch ziemlich nackt da stehen, ist das Texten meistens eine schwere Geburt. Manchmal erfinde ich mir deshalb sogar eine Art eigener Sprache und hoffe inständig, die meisten Menschen mögen sie für isländisch halten.“
Sprechen indes tut Helgi Jonsson bei Interviews mit deutschen Journalisten deren Muttersprache nebst österreichischem Akzent. Ein paar Jahre Studium in Graz, ein paar Jahre des Wohnens in Wien tragen Früchte. Aus dieser eigenartigen Biographie ist ein Künstler erwachsen, der eigentlich zur rechten Zeit am rechten Platz stehen müsste. „Für mich ist tatsächlich vieles besser geworden“, sagt der 30-Jährige, „seit die Musikindustrie krankt und offenbar auch der Mainstream, vor allem der Plastik-Pop irgendwie seine guten Zeiten hinter sich zu haben scheint.“ Das helfe nicht zuletzt der Begeisterung für Live-Konzerte, in denen Helgi Jonsson sich wie der Fisch im Wasser fühlt und in denen er über die letzten zwei Jahre aufregende Alliancen einging: Mit Teitur und Sigur Rós, mit Nico Muhly und Tina Dico hat er die Bretter und manchmal auch das Studio geteilt. „Natürlich hatte auch ich Angst vor dem Verfall der Musikindustrie, aber am Ende wird uns Musikern diese Situation mehr Freiheiten bieten als je zuvor.“ Viele davon hat Jonsson schon jetzt genutzt.
Im Moment weilt Helgi Jonsson wieder mal daheim auf Island, der gebeutelten Republik im Nordatlantik. „Man spürt die Krise an jeder Ecke“, weiß er zu berichten, „aber für die Kunst ist sie vielleicht gar nicht mal so schlecht, für die Seelen der Menschen auch nicht. Immerhin wird man auf das Wesentliche, das Tatsächliche zurück geworfen.“ Und dazu lässt sich kaum ein besserer Soundtrack denken als Helgi Jonssons neuer EP. Denn irgendwie klingt das Werk wie eine Vertonung des Lebens an und für sich. Geheimnisvoll, echt, tragisch und grandios zugleich. Wir drücken auf ’Repeat’.
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