Wolf & Moon – Biografie:
Eine Reise ist eine gleichermaßen körperliche wie spirituelle Erfahrung. Auf ihrem neuen Album „Follow The Signs“ demonstrieren Wolf & Moon, wie wichtig ihnen beide Aspekte sind.
Eine Kamera mag ausreichen, um die Außenwelt einzufangen. Für die Reise ins Innere bedarf es jedoch verfeinerter Instrumente – Gitarren, eine Auswahl von Synths sowie kreative Geister, welche Bilder mit Worten malen und diesen mit ausdrucksstarken Stimmen Leben einhauchen – und natürlich eines erfahrenen Toningenieurs, der das Ganze zusammenfügt.
Auf diese Kombination setzten Wolf & Moon bereits bei ihrem Debütalbum „Before It Gets Dark“ (2019). Die melodische Mischung aus Abenteuerlust und einer Chemie wie sie nur zwischen Liebenden herrscht, bescherte der Band überwältigendes Lob der Kritiker. Das handwerkliche Geschick von Produzent John Andersson, der auch für „Follow The Signs“ verantwortlich zeichnet, tat sein Übriges.
„Follow The Signs“ klingt wie die natürliche Evolution von „Before It Gets Dark“, welches von einer Aufbruchsstimmung geprägt war. Und auch wenn das Landstreicher-Dasein stets ein wichtiger Teil ihres Wesens sein wird, haben sich Stefany und Dennis im vergangenen Jahr dazu entschieden, ein Haus zu bauen. Sie sind ein Stück erwachsener geworden, wählerischer, aber auch spontaner, was sich auch im Produktionsprozess von „Follow The Signs“ widerspiegelt.
Die Band nahm einen Song pro Tag auf, was dem Album eine kühne Note verleiht. Entstanden ist ein lebender Organismus, der sich live auf Tour weiterentwickeln wird. Die ersten beiden Singles, „The Road“ und „A Tape Called Life“, sind geprägt von der gedankenversunkenen Melancholie, für die Wolf & Moon bekannt geworden sind. Die Songs sind in das verträumte Folk-Gewand gehüllt, welches Fans schon beim Debütalbum begeistert hat, hier und da ergänzt um wohldosierte Einflüsse aus anderen Genres wie dem Indie-Rock.
Die neuen Songs sind vielschichtiger und offenbaren mit jedem Hören eine neue musikalische Dimension. Die Lyrics sind persönlicher, Stefany und Dennis lassen den Hörer ein deutliches Stück näher an sich ran als noch auf „Before It Gets Dark“.
Was sich nicht geändert hat, ist das Gehör der Beiden für fesselnde Melodien: die Momente, wenn Stefany und Dennis Stimmen auseinandergehen, um Harmonien zu formen, zählen zu den schönsten auf dem Album.
„Before It Gets Dark“ spielte, was die Ästhetik angeht, fernab der Großstadt, auf weiten Feldern, umgeben von grenzenlosen Landschaften und unberührter Natur. Auf „Follow The Signs“ beginnen sie, sich der Stadt anzunähern, die Straßenlampen sind bereits in der Ferne zu erkennen und man kann den technologisch geprägten, komplexen Lebensentwurf der Moderne erahnen, der einen dort erwartet. Wolf & Moon verlieren jedoch zu keinem Zeitpunkt den Sinn für das Wesentliche: ihre Freiheit und Offenheit für alles, was die weite Welt zu bieten hat.
Aber hey, den Sound eines Albums zu beschreiben, ist immer subjektiv. Zwar könnte ich euch sagen, dass Wolf & Moon Erinnerungen an The xx, Angus & Julia Stone, Feist und – spätestens mit der Ankunft von „Follow The Signs“ – The War On Drugs wecken. Damit würde ich euch jedoch keinen Gefallen tun. Auf diese Reise müsst ihr schon selbst gehen.
Wenn es eine Sache gibt, die das Leben von Stefany und Dennis prägt, ist es das Vertrauen, dass sie in ihre eigenen Entscheidungen haben. Sie hatten noch nie Angst davor, angesichts eines vielversprechenden Abenteuers alles zurückzulassen – wie ihre erste U.S.-Tournee, die sie komplett in Eigenregie buchten, ohne auch nur einen gemeinsamen Song geschrieben zu haben, oder der temporäre Umzug nach Schweden, um ihr Debütalbum zu produzieren.
Sie sind dem zermürbenden Alltagstrott entkommen, Stabilität und Einkommenssicherheit ist längst nicht mehr das Kriterium, das ihre Entscheidungen beeinflusst. Sie haben viel von dem hinter sich gelassen, was ein Großteil der Gesellschaft nach wie vor als vorherbestimmt akzeptiert.
Wolf & Moon stehen für das Abenteuer, für menschliches Potential und Freiheit, und zwar mit jeder Faser ihres Seins. Das hört man auf „Follow The Signs“ mehr als je zuvor heraus. Es ist eine Philosophie, ein Lebensentwurf, wie auch immer man das nennen will, den eine Textzeile aus „The Road“ perfekt zusammenfasst: „How would you know really what you got, if you never let go?“
Reisende aus Leidenschaft interessieren sich nicht für das sorgenfreie all-inklusive Paket. Sie ziehen eine achtstündig Fahrt in einem schäbigen Bus einer einstündigen klimatisierten Zugfahrt jederzeit vor. Es ist der einfachste Weg, das Ungewohnte vertraut, das Unbekannte bekannt, zu machen.
Genauso verhält es sich auch mit der spirituellen Reise in unser Innerstes: wir fürchten uns davor, die Tiefen unserer eigenen Seele zu erkunden, in den Abgrund zu blicken, das Unvertraute zu konfrontieren. Hat man jedoch diese Angst erstmal abgelegt, entwickelt es eine enorme Anziehung. Die bedeutendsten Offenbarungen liegen oft im Ungewissen verborgen, wie sollte es auch anders sein? Alles, was wir tun müssen, ist, auf die richtigen Zeichen zu achten. Und ihnen zu folgen.